Workshop X, Heather Davis, 27. August 2020

Heather Davis stellt einige Ideen über unsere Beziehung zu Plastik vor, die sie in ihrem bald erscheinenden Buch Plastic Matter theoretisiert. Während wir kaum unmittelbaren Kontakt zu Rohöl haben, so Davis, ist unsere Beziehung zu Plastik intim, da Plastik unter anderem in unserer Nahrung und in unserer Kleidung vorhanden ist. Plastik ist heute in unsere Kultur eingebettet, es ist überall. Mikroplastik ist in unserer Umwelt allgegenwärtig. Was bedeutet es, unseren Planeten mit diesen Molekülen überzogen zu haben?

Im Gegensatz zu Amanda Boetzkes’ Forschung, die sich auf das Konzept von Abfall und dessen Beziehung zu Kapitalismus konzentriert, setzt Heather Davis einen geologischen Schwerpunkt. Plastic Matter untersucht, wie sich unsere materiellen Beziehungen aufgrund von Plastik verändert haben. Kunststoff ist zu einer geologischen Figur geworden und schafft eine neue Rückkopplungsschleife, die die Umwelt beeinflusst.

Bestimmte sinnliche Erfahrungen werden in unserer heutigen Umgebung normalisiert. Der Geruch eines neuen Autos ist für uns angenehm geworden. Was ist jedoch mit der Toxizität dieses Geruchs? Wie hat unsere Beziehung zu Petrochemikalien unsere Vorstellung von Schönheit verändert?

Heather Davis legt dar, dass Plastik Teil organisierter wissenschaftlicher Bemühungen ist, eine abgeschottete und und saubere Welt zu schaffen. Plastik entsteht somit aus einem Prozesses, der auf Sauberkeit und Eindämmung abzielt. Jedoch dringt Plastik letztendlich in das natürliche System ein. Plastik bietet uns somit eine tiefgreifende Erkenntnis über die Beziehung zwischen der natürlichen und der synthetischen Welt.

Diese Reflexion über die Materialisierung von Kunststoff geht mit einer Diskussion über den Begriff der Plastizität Hand in Hand. Im Gegensatz zur Bedeutung, die dieser Begriff anklingen lässt, beeinflusst Kunststoff die Umwelt, während er durch sie nicht verändert wird.

Eine bestimmte Bohrinsel mit einem bestimmten Stück Plastik zu verbinden ist genauso schwierig wie die Rückverfolgung von Kunststoffgegenständen zu der Fabrik, in der sie hergestellt wurden. Diese Unauffindbarkeit steht im Zentrum dessen, was Heather Davis synthetische Universalität nennt – wie Plastik aus dem Nichts zu erscheinen scheint.

Ein weiteres zentraler Begriff in Plastic Matter ist die Petrozeit. Heather Davis ist der Ansicht, dass sich bei Öl alles um die Komprimierung der Zeit dreht. Wenn die im Öl enthaltene Energie schließlich freigesetzt wird, beschleunigt dies unsere Zeit. Wir eilen in die Zukunft, um Reflexion über und Rechenschaft für von uns verursachtes Leid zu vermeiden. Unsere Beziehung zu Öl, genau wie das Wegwerfen von Plastik nach nur einmaliger Verwendung, zeigen dies sinnbildlich. Wir müssen unsere Unfähigkeit überwinden – in der Gegenwart zu leben.

Plastik I Intimität I Geologie I Materialisierung I Plastizität I synthetische Universalität I Petrozeit