Workshop XIX, David Misch, 9. Februar 2021

Im ersten Teil seines Vortrags „Grundlagen des Erdölsystems: Der Spielplatz des Erdölgeologen“ lenkt David Misch, stellvertretender wissenschaftlicher Leiter des Lehrstuhls für Erdölgeologie an der Montanuniversität Leoben, unsere Aufmerksamkeit auf die wichtigsten Elemente des Erdölsystems: Muttergestein, Speichergestein, Deckgestein und Abraumgestein. Die Prozesse, um die es dabei geht, sind die Bildung von Störstellen, die Entstehung von Erdöl, sowie dessen Migration, Akkumulation und schließlich Erhaltung im Untergrund über beträchtliche geologische Zeiträume.

Dass in den Lagerstätten angesammelte Öl muss zugänglich sein, so Misch. Das Deckgestein hält das Öl an Ort und Stelle, indem es Kohlenwasserstoffe von der weiteren Migration an die Oberfläche abhält, und somit einen Erdölaustritt verhindert. Erdölaustritte sind nicht immer das Ergebnis von Nachlässigkeit der Industrie, sondern kommen auch natürlich vor, wie etwa in den kanadischen Teersänden oder in Tiefsee-Öl im Golf von Mexiko, wo das Öl ein wichtiger Nährstoff für das benthische Ökosystem ist.

Er geht weiter auf das österreichischen Molasse- und Wiener Becken ein, sowie deren individuelle tektonische Umgebung und die daraus resultierende Verteilung der Lagerstätten ein. Er erzählt, wie Öl und Gas im Muttergestein erzeugt und in die gestapelten Lagerstätten des Wiener Beckens gewandert sind. In der Erdölgeologie wird die Zusammensetzung von Gesteinen und die darin enthaltenen Kohlenwasserstoffe bestimmt, um herauszufinden, wo die Kohlenwasserstoffe gespeichert sind und wie sie produziert werden können.

Schließlich teilt Misch eine Reihe der wichtigsten Fragen und Probleme im Zusammenhang mit Muttergestein, Speichergestein und Deckgestein, die die erdölgeologische Forschung vorantreiben, wie etwa „Was ist die Quelle des Öls?“, „Welche Lagerstätten teilen sich eine Quelle?“ und „Wo sind die potenziellen Lagerstätten und Kohlenwasserstofffallen?“

Können fossile Brennstoffe wirklich ersetzt werden? Misch beginnt den zweiten Teil seines Vortrags „Soziale Auswirkungen von Exploration und Produktion – die Perspektive der Bösen“. indem er ausführt, dass ihn die Arbeit in der Erdölforschung aus seiner Sicht nicht zu einem dieser „Bösen“ macht ”. Ölverbrauch korreliert in westlichen Gesellschaft mit hoher Lebenserwartung und Wohlstand. Darüber hinaus gibt es Probleme mit der Effizienz erneuerbarer Energien: Produktion und Speichern von Solarenergie, Biomasse und Wind sind besonders kostspielig und sie weisen derzeit den niedrigsten Erntefaktor (Verhältnis der genutzten Energie zur investierten Energie) auf.

Misch glaubt, dass globale Player im Energiesektor wie BP und Shell als Teil einer neuen Geschäftsstrategie zunehmend auf erneuerbare Energien umsteigen werden. Seiner Meinung nach ist die Nachhaltigkeit dieser neuen Energiequellen größtenteils jedoch noch eine offene Frage. Er ist der Ansicht, dass Forschung zu Energiefragen sowohl politische als auch wissenschaftliche Themen sind, und dass Entscheidungen so sachlich wie möglich getroffen werden sollten.

Während er den menschlichen Einfluss auf den Klimawandel nicht herunterspielen will, argumentiert Misch, dass der Klimawandel auch eine geologische Tatsache ist. Er sieht vielmehr einen Konflikt zwischen den Schwerpunkten Umweltverschmutzung und CO2-Emissionen. Aus seiner Sicht als Geologe, der in den auf der Erde aktiven Langzeitprozessen ausgebildet ist, ist er mehr besorgt über die Umweltverschmutzung. Ihr wird seiner Meinung nach im Vergleich zur CO2-Frage oft weniger Bedeutung beigemessen. Er bezweifelt, dass fossile Brennstoffe in naher Zukunft vollständig ersetzt werden. Sie stellen immer noch eine lebensfähige und wertvolle natürliche Ressource dar, die weiterhin genutzt werden wird, jedoch unter sorgfältiger Berücksichtigung ihrer ökologischen Auswirkungen.

Geologie I Gesteinszusammensetzung I Lagerstätten I Erdölaustritt I gesellschaftliche Auswirkungen I Energieeffizienz I erneuerbare Energien I Klimawandel I Verschmutzung I CO2-Emissionen